Auschwitz

Weihnachtliche Denkschrift an die Bundeskanzlerin von unserem Mitstreiter Hanns-Georg Schmidt.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

vielen herzlichen DANK dafür, dass Sie in Auschwitz-Birkenau Holocaustüberlebenden zugehört und Ihrer Scham für unser Volk zum Ausdruck gebracht haben. NIE WIEDER!!

Vielen DANK auch dafür, dass Sie dort den neu um sich greifenden menschenfeindlichen Rassismus und Gruppenegoismus unserer Tage beklagt haben.

Vielen DANK dafür, dass Sie sich für Mitmenschlichkeit und eine offene, liebevolle Gesellschaft einsetzen.

DANKE, dass Sie die Aufnahme so vieler Geflüchteter ermöglicht haben und gegen die Errichtung neuer Zäune und Mauern eintreten. –

Ich gehöre zu den Menschen, die seit der Flüchtlingswelle aus Syrien in den Jahren 2014 /2015 ff. versucht haben, dazu beizutragen, dass wir die Integration geflüchteter Menschen in Deutschland schaffen und nicht ein Volk von Mördern bleiben, sondern eines von väterlichen und mütterlichen Menschen, die andere ermutigen und ihnen zum Leben helfen. Bei gutem Willen wird das auch unserer an Fachkräftemangel leidenden Wirtschaft umfassend zugutekommen.

Inzwischen bekümmern mich aber hierbei in starkem Maße zwei Dinge:

Erstens, dass immer noch unschuldige, hier bereits integrierte, in Schule oder Ausbildung stehende junge oder auch schwer kranke Menschen – keineswegs nur Straftäter – nach Afghanistan abgeschoben und Christen, die aus Ländern der Verfolgung kommen (die es massiv im Iran, aber auch durch Boko Haram in Nigeria gibt), kaum noch ausreichend geschützt werden. Da für Afghanistaneine Reisewarnung für deutsche Reisende ausgegeben wurde, verbietet sich die Zwangsreise afghanischer Staatsbürger in ihre Heimat zurück. Sie ist ein Verstoß gegen Artikel 2 des Grundgesetzes.

Afghanistan ist das vielleicht unsicherste Land der Erde. -Die beständigen Abschiebungen erzeugen zudem ein schreckliches Klima permanter Angst, Unsicherheit, Depressivität und Traumatisierung, welche bereits zahlreiche Selbsttötungen liebenswerter sensibler Afghanen (und anderer!) zur Folge hatten.

Dies ist absolut unmenschlich.

Insbesondere muss auch die traumapsychologische Ausbildung und Sensiblität von BAMF-Entscheidern, Richtern und Mitarbeitern der Ausländerbehörden endlich in hohem Maße intensiviert werden.

Ich bange um das Leben eines von mir betreuten sehr netten Äthiopiers, der nach der Ermordung seiner Mutter durch äthiopische Geheimpolizei vor seinen Augen und drei Jahren Folterhaft so sehr traumatisiert ist, dass er die Abschiebung in sein Herkunftsland nicht überleben würde. Die Behörden sind ihm bisher in keinster Weise gerecht geworden.

Zweitens, dass das BAMF, die Verwaltungsgerichte und die Ausländerbehörden häufig sachlich falsche, ungerechte und vor allem unmenschliche Bescheide und Urteile herausgeben, sodass sich diejenigen – altruistische Anwälte, Sozialarbeiter, Betreuer und ehrenamtliche Helfer -, die vor fünf Jahren zur Intergrationsarbeit ermuntert wurden und diese in großem Umfang ermöglicht und getragen haben, inzwischen sehr häufig von unserem Staat verraten, ausgeschaltet und sogar kriminalisiert fühlen, wenn sie sich z.B. intensiv gegennachweisbar sinnlose Abschiebungen einsetzen.

Viele haben aufgegeben. Ich werde es freilich gewiss nicht tun.

Zudem wurde der Einsatz gläubiger Christen für Geflüchtete sogar in Landtagssitzungen von konservativen Politikern verhöhnt, obwohl die Integration Geflüchteter ohne das Engagement der Christen und der Kirchen gar nicht möglich gewesen wäre.

Wir müssen uns entscheiden, ob wir Menschen weiterhin in den Tod treiben oder ihnen zum Leben helfen wollen.

In den Tod getrieben haben wir bereits viel zu viele, nicht nur im Nazi- und im DDR-System auf deutschem Boden.

Also bitte wirklich: NIE WIEDER!

Für das Leben – was sonst?

Das wünsche ich uns zu Weihnachten.

Wir sind es dem an Weihnachten Geborenen schuldig.

Denn er ist selbst DAS LEBEN.

Mit besten Grüßen und Segenswünschen

print