„Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ Matthäus 5,14-16
Vor einem Jahr habe ich mir „Dragon“ gekauft, ein Spracherkennungsprogramm, weil ich Rückenprobleme habe und beruflich so viel schreiben muss. Und weil ich in meiner Freizeit gerne Andachten schreibe und Gedichte und Kurzgeschichten.
Besonders nach Lobpreis- oder Gebetszeiten quillt mir das Herz über und ich habe das Bedürfnis, vieles, was ich erlebt habe und im Licht Gottes sehen durfte, weitergeben zu müssen.
Dragon sollte das Schreiben erleichtern. Aber leider ging es nur ein paar Texte lang. Seitdem findet es keine Mikrofone mehr. Der Admin des Verkäufers ist auch ratlos. Dragon war teuer. Stunden am PC vergeudet, nur um das Programm zu erlernen. Und nun geht es nicht. Hätte ich das Geld besser gespendet, die Zeit besser für meine Patienten genutzt? Was tun? Aufgeben? Ich bin traurig. Wütend.
Bildschirmarbeiten tun meinem Rücken nicht gut. Aber was soll`s. Heute, ja heute schreibe ich per Hand. Ohne Dragons Hilfe, aber mit Gottes Hilfe.
Es hätte eigentlich eine Weihnachtandacht werden sollen. Anfang Dezember schon hatte ich sie schreiben wollen. Ich wollte über das Licht der Welt schreiben. Weil in der Welt so viel dunkel ist. Es hatte eine kurze leuchtende aufmunternde Andacht werden sollen. So eine, bei der einem warm ums Herz wird. Vorweihnachtlich. Eine, die uns zur Ruhe kommen lässt und uns für Jesus Ankunft bereitmacht. Eine, die uns Jesus näherbringt. Eine, die uns Hoffnung gibt, weil Jesus die Welt überwunden hat.
Aber ich hatte viel Arbeit und mein Nacken war zu verspannt und ich war zu ausgebrannt, um spät abends oder am Wochenende noch eine Andacht zu schreiben. Zu ausgebrannt, um zu leuchten.
Wieviel beten muss man, um neue Hoffnung, um neue Kraft, um neue Zuversicht zu schöpfen, die man weitergeben kann? Wie oft klagen, bitten, flehen? Hilft ein Kirchenbesuch? Ja, Sonntag war ich mit einer Freundin in einem Dessauer Gottesdienst. Die Predigt war sehr aufbauend. Für ein paar Stunden jedenfalls hat es vorgehalten.
Und stille Zeit? Ja, Rückzug in die Stille. Nichts tun, außer einen guten Liedtext oder einen Bibelvers auf sich wirken zu lassen. Solche Inseln der Ruhe retteten mich über die letzten stressigen Arbeitswochen. Und nun ist Weihnachten. Der zweite Tag.
Heilig Abend war ich von den Stresswochen davor zu müde, weite Wege zu Verwandten zu fahren. Dafür war aber die schlichte Feier im kleinsten Kreis herrlich ruhig. Die Bratente war lecker. Gestern war auch prima. Nicht nur das Raclette. Bin geritten am ersten Weihnachtstag! Da war der Schlamm auf dem Reiterhof egal. Der Nieselregen auch. Der fehlende Schnee erst recht.
Also, wie ist das nun mit dem Auftanken und mit dem Leuchten?
Jesus hatte Geburtstag und ich war nicht in der Lage, pünktlich eine Andacht zu schreiben. Dennoch: Jesus brachte das Licht in die Welt. Jesus ist das Licht der Welt. Jesus ist Liebe. Jesus liebt uns! Er hat uns gerettet aus der Dunkelheit. Und nun sind wir sein Bodenpersonal und sollen dieses Licht weitergeben, wie eine Kerze ihr Licht an die nächste.
„Dass ich die Liebe, von der ich lebe, liebend an andere weitergebe…“ heißt es doch in einem schönen alten Kirchenlied. Wir sollen unser Licht nicht unter den Scheffel stellen, – lernen wir im Matthäusevangelium. Aber was, wenn wir das Gefühl haben, dass in uns nur noch ein Docht glimmt?
Ich glaube, mir wurde wieder etwas bewusst, was wir eigentlich alle schon einmal gehört oder zumindest geahnt haben: Wir dürfen ruhig schlapp sein, wir dürfen ruhig klagen, wir dürfen ruhig weinen. Gott kann das ab! Er sieht uns und liebt uns und trägt uns und erträgt uns. Und wir dürfen uns auch ausruhen und einfach nur beschenken lassen.
Einfach hinfallen oder hinlegen, ruhen, essen, aufstehen, reiten (oder was man sonst gerne mag), Krone* richten und dann weitergehen. So wie die Propheten in der Bibel, so wie es in den Psalmen steht. Durch die Dunkelheit zum Licht. Man muss durch Täler, um Gipfel zu erreichen.
Während ich diese Zeilen schreibe klappt es ganz gut mit meinem Rücken und mir wird wieder einmal klar: Wir brauchen kein Dragon, wir brauchen Gottvertrauen. Jedes Vorhaben unter der Sonne hat seine Zeit – lesen wir in Salomos Sprüchen (Prediger 8,6). Und unser Zeitplan ist offensichtlich nicht immer Gottes Zeitplan.
Ein lieber Freund meinte am letzten Freitag vor Weihnachten (als ich schon aufgegeben hatte, dieses Jahr noch eine Andacht schreiben zu können) zu mir, dass ich immer so schön leuchte. Es war also doch da. Das Licht. Es ist immer da, wenn der richtige Zeitpunkt ist.
Und das Schönste ist: Wenn wir es weitergeben, lassen wir die Schatten hinter uns! Und das Wundersame ist: Wenn wir es weitergeben, vermehrt es sich! Und das Allerbeste ist: Die Quelle der Liebe, aus der wir schöpfen, versiegt niemals! (vgl. 1. Korinther 13).
Dr. Tanja Christina Zilius, Fördermitglied EMG, am 2. Weihnachtstag 2019
*(Da Gott der Schöpfer des Universums ist, ist er zugleich König des Universums – und weil der die Menschen nach seinem Bilde schuf, sind wir Königskinder)